Mit Trekkingstöcken unterwegs zu sein, ist mittlerweile völlig normal. Was vor 30 Jahren noch belächelt wurde, ist heute im Alltag ein gewohntes Bild. Aber ist es sinnvoll, mit Stöcken unterwegs zu sein, oder ergeben sich daraus auch Nachteile?

Unsere Hände sind komplexe Tast- und Greiforgane, sie sind nicht darauf ausgelegt, längerfristig das eigene Körpergewicht zu tragen oder zu unterstützen. Das ist nun mal Sache der Beine.

Trekkingstöcke Pro Contra: Mit Stock geht man schon lange

Aber die Beine können auch bei dieser Aufgabe gelegentlich Unterstützung gebrauchen, weshalb die Benutzung eines Stocks als „drittes Bein“ seit Menschengedenken Normalität ist. Von einem Holzstock zu zwei Teleskopstöcken aus Aluminium ist es für sich genommen nur ein kleiner Schritt, aber ein großer in bezug auf Funktion und Einfluß auf das Gehen. Beispielhaft abgebildet ein 40 Jahre alter Wanderstock aus Holz, vom Ersteigentümer wg. Aufsplitterung entsorgt, dann für den zweiten Benutzer repariert, gekürzt und mit neuer Spitze versehen. Daneben das Neueste vom Neuen, ein Paar Falt/Teleskopstöcke aus Aluminium, der Leki Micro Stick, derzeit im Test bei outdoor-professionell.

Leki Micro Stick und Wanderstock aus Holz

Leki Micro Stick und Wanderstock aus Holz

Anmerkung: Grundvoraussetzung für den sinnvollen Einsatz von Teleskopstöcken ist das Wissen um den korrekten Gebrauch. Und genau da liegt vieles im argen, wenn man die Benutzer von Trekkingstöcken beobachtet. Allerdings ist das nicht Thema dieses Artikels.

Auch über die Auswirkungen des Gebrauchs von Trekkingstöcken auf den menschlichen Körper gibt es viele Untersuchungen, die sich mit Energie- und Sauerstoffverbrauch, Pulsfrequenz und ähnlichen physiologischen Kennziffern beschäftigen. Hier aber geht es einzig und allein – und ganz subjektiv – um die Erfahrungen, die im jahrzehntelangen Gebrauch von Trekkingstöcken in allen möglichen Geländetypen gewonnen wurden.

Trekkingstöcke Pro Contra: Die Vorteile

Mehrere bedeutsame Vorteile bietet der Einsatz von zwei Trekkingstöcken:

  • Die aktive Entlastung der Knie. Vor allem beim Bergabgehen werden diese empfindlichen Gelenke spürbar entlastet.
  • Man kann mit Last aufrechter gehen. Der viel zu schnell einreissenden Gewohnheit, unter dem Rucksack den Rücken zu krümmen und damit die Atmung zu behindern, kann so erfolgreich Einhalt geboten werden.
  • Das oft beobachtete und unangenehme Anschwellen der Hände beim Wandern mit Rucksack wird verhindert bzw. reduziert.
  • Wenn man müde und damit unkonzentriert wird helfen die Stöcke, trotzdem sicher zu gehen.
Ohne Trekkingstöcke bergab

Ohne Trekkingstöcke bergab

Die Beine tragen den Wanderer und die Knie sind ihr schwächster Teil. Kaum ein sportlich Aktiver, der nicht im Laufe seines Lebens dies zu spüren bekommt. Verschleiß und damit Beschwerden, eingeschränkte Belastbarkeit und, bei geschädigtem Bandapparat, Instabilität.

Bergabgehen ist die Disziplin, die am stärksten das Knie belastet, da bei jedem Schritt ein Vielfaches des Körpergewichts auf das Gelenk wirkt. Beim älteren bzw. vorgeschädigten bedeutet das Schmerzen oder dass man gar nichts mehr machen kann. Eine gut ausgebildete Muskulatur wirkt zwar stabilisierend, aber wenn ein Schaden erst mal vorhanden ist, nützt das auch nicht viel.

Trekkingstöcke, paarweise genutzt, reduzieren diese Belastungen ganz enorm. Bei jedem Schritt kann über die Kette Schultern-Arme-Hände-Stöcke ein Großteil des Körpergewichts an den Knien vorbei auf den Boden gebracht werden. Voraussetzung ist ein sauberes Aufsetzten des jeweiligen Stocks vor dem talseitigen Fuß und ein bewusstes Anspannen der Schulter- und Armmuskulatur.

In unebenem, schlechterem Gelände vermitteln Trekkingstöcke ein sicheres Gefühl, schließlich hat man zwei zusätzliche Kontaktpunkte. Das gibt Stabilität beim Gehen und kompensiert die Fehler, die man unvermeidlicherweise macht.

Aber genau hier beginnen auch die Nachteile zu greifen, die man in Kauf nehmen muss, wenn man so unterwegs ist.

Trekkingstöcke Pro Contra: Die Nachteile

Trekkingstöcke werden auch benutzt, um ein sichereres Gefühl beim Gehen zu haben, mehr Trittsicherheit ist das Ziel. Das genaue Gegenteil ist bei andauerndem Gebrauch der Fall.

Dazu eine Definition des Begriffs „Trittsicherheit“ aus wikipedia.de: „Erfüllen der koordinativen Anforderungen, um sich auf unebenem Untergrund wie gewollt fortzubewegen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren“. Das Schlüsselwort ist hier koordinative Anforderungen und gemeint ist damit die Fähigkeit, unbewußt gesteuerte koordinierte Bewegungen durchzuführen.

Gehen ist etwas, dass man einmal lernt und dann nie wieder vergisst. Aber die obersten 10% dieser Fähigkeit, die Feinheiten, das anspruchsvolle Gehen, sie müssen immer wieder trainiert werden. Da ist es wie Fahrradfahren oder sich auf einer Slackline bewegen. Das Grundmuster des Bewegungsablaufs mag man lebenslang beherrschen, aber die feine, unbewusste Kontrolle über den Körper in solch einer Situation, die muss man immer wieder neu lernen.

Der permanente Einsatz von Trekkingstöcken läßt aber gerade diese koordinativen Fähigkeiten verkümmern. Wenn man Trekkingstöcke für mehr Trittsicherheit einsetzt, ist das kontraproduktiv, denn Stöcke verringern die eigene Trittsicherheit. Da hilft nur, sie nicht immer zu benutzen, sondern eben auch eigenes Gleichgewicht und Geländegängigkeit zu schulen und nicht verkümmern zu lassen.

So angenehm es auch ist, bergauf und -ab Unterstützung durch Trekkingstöcke zu finden, im steilen, ausgesetzten Gelände werden sie auch sehr schnell gefährlich. Die Hände sind eben dann nicht frei, wenn man sie im Notfall braucht. Und wie schnell gerät so ein Stock zwischen die eigenen Beine, lässt stolpern? Nicht gut, wenn es steil bergab geht.

Komperdell Contour Titanal, Approach Carbon, Gregory Z30

Komperdell Contour Titanal, Approach Carbon, Gregory Z30

Also heißt es die Dinger am/im Rucksack zu verstauen und gegebenenfalls später wieder hervorzukramen, das ganze vielleicht auch mehrmals am Tag. Hier abgebildet zwei verschiedene Stöcke an einem 30 L Rucksack:

  • der Komperdell Contour Titanal, ein klassischer Teleskopstock (Vorteil: viele Varianten, preisgünstig, wartungsfreundlich) ist länger als der Rucksack und kann dadurch behindern,
  • der Komperdell Approach Carbon, ein Faltstock, verschwindet mit kleinstem Packmaß (hat aber auch diverse konstruktive Nachteile).

Da offenbart sich dann der Nachteil der Trekkingstöcke: Wenn man sie nicht braucht, behindern sie. Man muss den Rucksack absetzen und die Stöcke umständlich verkleinern und verstauen, wenn man sie nicht längere Zeit in der Hand transportieren will. Sind sie dann am Rucksack befestigt, können sie klappern, wackeln oder gar in Zweigen oder am Fels hängenbleiben.

Trekkingstöcke Pro Contra: Fazit

Wer nur die Alternative hat, nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt unterwegs sein zu können, wird immer Trekkingstöcke benutzen. Da stellt sich die Frage ob mit oder ohne nicht. Auch wer stärkeren Schäden vorbeugen will, hat eigentlich keine Wahl.

Wer in der (glücklichen) Lage ist, wählen zu können, sollte immer abwägen, ob und wann er seine Trekkingstöcke benutzen will. Schließlich sind sie ein Hilfsmittel, das man benutzen kann, aber nicht zwingend muss.

  • Steil bergauf und -ab,
  • in ausgesetztem Gelände,
  • in der Ebene.

Dies sind ganz grob die Geländeformen, bei denen man sich bezüglich des Stockeinsatzes zwischen immer-gelegentlich-nie entscheidet und natürlich auch experimentiert bzw. auf seinen Körper hört.

  • Wenn bei einer Tagestour der Stockeinsatz vielleicht unvermeidlich ist, so kann man sie auf einer kürzeren Strecke bestimmt auch mal weglassen.
  • Auf längeren flachen Etappen werden die Stöcke verpackt, so das man gar nicht erst in Versuchung gerät.
  • Nicht immer braucht man gleich zwei Stöcke, einer kann auch gute Dienste leisten. Einfach mal ausprobieren.

Der dosierte, überlegte Einsatz von Trekkingstöcken kann das Fortkommen durchaus erleichtern, gesundheitlichen Schäden vorbeugen und für Sicherheit im Gelände sorgen. Man muss sie eben nur mit Bedacht einsetzen und auf den eigenen Körper hören.

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