Softshell gibt es in unzähligen Variationen, aber einer der maßgeblich fuktionsbestimmenden Faktoren für den Gebrauch im Sommer ist, ob im Gewebe eine Membran integriert ist oder nicht.

Der Grad der Winddichtigkeit und damit Atmungsaktivität einer Softshelljacke bestimmt das Körperklima und damit den sinnvollen Einsatzbereich. Winddichtigkeit ist eines der Schlagwörter, wenn es um Softshell geht, aber es wäre zu kurz gegriffen, wenn man davon ausginge,dass mehr immer auch besser ist. (Ähnliches ist bei der Auswahl von Wanderschuhen zu beobachten, wo Wasserdichtigkeit im Sinne von „100% dicht“ eine Grundvoraussetzung zu sein scheint, auch wenn eine gute Gebrauchsdichtigkeit mit all ihren anderen Vorteilen mehr als ausreichend ist.) Außer bei sehr niedrigen Temperaturen und stärkstem Wind kann es durchaus sinnvoll sein, auf eine 100%ige Winddichtigkeit zu verzichten, zugunsten eines besseren Transportes der Körperfeuchtigkeit durch das Gewebe nach außen.

Softhell für den Sommer

Die Grundlagen

Die reine Isolationsfähigkeit eines Materials läßt sich über seine Dicke gut beurteilen. Der Grad der Winddurchlässigkeit und damit auch der Atmungsaktivität, wird von weiteren Faktoren mit bestimmt. Maßgeblich hierfür ist, neben der Art und Weise wie der Stoff aufgebaut und gewebt ist, dass Vorhandensein einer Membran.

Am Beispiel des Marktführers für Fleecestoffe, Polartec, die zwei Konzepte, auf denen eine Unzahl verschiedener Stoffe mit genau definierten Eigenschaften aufbaut:

Polartec Wind Pro (ohne Membran) und Windbloc (mit integrierter Membran)
Polartec Wind ProPolartec Wind Block
„Polartec® Wind Pro® fabrics are extremely breathable yet provide 4 times more wind resistance than traditional fleece“„Polartec® Windbloc® fabrics block 100% of the wind and offer maximum protection from the cold and the elements“

(Grafiken und Text: Polartec)

Dies sind zwei völlig verschiedene Konzepte mit unterschiedlichen Grundvoraussetzungen, die nebeneinander stehen und einander ergänzende (und sich überschneidende) Einsatzbereiche bedienen.

Der oft verschwiegene Nachteil der membranbasierenden Softshells besteht darin, dass man eine verglichen mit membranfreien Stoffen eingeschränkte Wasserdampfdurchlässigkeit in Kauf nehmen muss. Jede Membran, egal wie „atmungsaktiv“, ist immer auch gleichzeitig eine Barriere für den vom Körper produzierten Schweiß.

Eine ultradünne, mit kaum mehr als die Membran schützenden Stoffschichten auf jeder Seite versehene Softshellvariante wie das in der bereits getesteten Schöffel Pure getestete Gore Windstopper Active Shell kann innerhalb der durch die Membran gesetzten Grenzen bei sommerlichen Temperaturen noch funktionieren. Die Schöffel Pure hat esbereits bewiesen. Aber die Atmungsaktivität läst sich zu Lasten einer 100%igen Winddichtigkeit noch verbessern.

Softshell für den Sommer: ohne Membran

Berghaus Corium, AT-Wind Resist

Berghaus Corium, AT-Wind Resist

Weniger ist manchmal mehr, der Verzicht auf eine Membran in der Softshell hat auch Vorteile. Es ist dadurch möglich, einem Stoff in einem Maße windabweisend zu konstruieren, das er sowohl für sich alleine bei sommerlichen Temperaturen, als auch in Kombination mit einem Fleece im Winter, Stichwort Zwiebelsystem, universell einsetzbar wird.

Die windabweisenden Fähigkeiten eines Materials sind die eine Seite, der für den Komfort wesentlich wichtigere Aspekt ist der der Wasserdampfdurchlässigkeit: Je mehr Schweiß in Dampfform durch das Gewebe passieren kann, desto besser wird das Körperklima und desto angenehmer ist die Jacke zu tragen.. Da kann keine Membran mithalten, in der Praxis bieten membranlose Stoffe immer besseren Komfort. Wer stark schwitzt, findet hier was er sucht. In der wärmeren Jahreszeit ist oft genug auch ein leichter Wetterschutz vonnöten, der dann aber auch nicht ständig an- oder ausgezogen werden will, je nachdem ob z.B. gerade mal der Wind pfeift oder es schweißtreibend bergauf geht.

Haglöfs Boa Hood, Flexable

Haglöfs Boa Hood, Flexable

Verantwortlich für den Grad der Winddichtigkeit bei membranlosen Stoffen ist deren Webart bzw.Konstruktion. Man kann, wie bei Polartec Power Stretch oder bei der derzeit im Test befindlichen Berghaus Corium, mit AT-Wind Resist einen dünnen Fleece auf der Außenseite mit einer verschleißfesten, windabweisenden Nylon-oder Polyesterschicht versehen. Diese schützt dann nicht nur leicht gegen Wind, sondern bietet auch noch Schutz gegen Nieselregen. Solche Kleidungsstücke sind unversell nutzbar:

  • für sich als leicht windabweisende Schicht mit exzellenter Wasserdampfdurchlässigkeit bei bewegungsintensiven Sportarten, evtl. kombiniert mit einer dünnen Weste,
  • als zusätzliche isolierende zweite Schicht unter einer Hardshelljacke, da diese Materialien weicher im Griff und nicht so sperrig sind wie andere Softshells.
Rab Alpine Jacket, Pertex Equilibrum

Rab Alpine Jacket, Pertex Equilibrum

Dünnere Stoffe erweitern den Einsatzbereich noch mehr. Ein bi-elastisches Gewebe wie das bluesign-zertifizierte Flexable, Haglöfs Eigenentwicklung und in der derzeit im Test befindlichen Haglöfs Boa Hood verarbeitet, verbindet hohe Atmungsaktivität und Wasserdampfdurchlässigkeit mit in der Praxis mehr als ausreichender Winddichtigkeit.

Beide o.g. membranlosen Jacken, Berghaus Corium und Haglöfs Boa Hood, haben bis jetzt im Test bewiesen, dass sie diese Vorgaben sehr unterschiedlich aber voll und ganz erfüllen.

Noch eine Stufe leichter und dünner sind sogenannte Windshirts. Die verwendeten Nylonstoffe, zumeist vom Marktführer Pertex geliefert, beidseitig glatt oder innen aufgerauht, ermöglichen noch kleiner verpackbaren Wind- und Nieselregenschutz.

Erwähnenswert die minimalistische Norrona bitihorn aero, erhältlich in zwei verschiedenen Materialien, aero100 und aero60, mit unterschiedlichen Eigenschaften und Gewichten im 80- bzw. 180 gr. Bereich.

Exemplarisch abgebildet ein verpacktes Windshirt von Montane, solche Ultraleichtjacken passen buchstäblich in die Hosentasche.

Montane Windshirt, Packmaß

Montane Windshirt, Packmaß

Von Stoff und Ausstattung her aufwendigere Jacken, wie z.B. das bereits getestete Rab Alpine Jacket aus Pertex Equilibrum, besetzen die Übergangszone zu den leichten Softshells und bieten gegenüber diesen ein immer noch stark reduziertes Gewicht und Packvolumen.

Natürlich sind solche Materialien z.B. bei einem Wettersturz auf 2000m NN für sich genommen überfordert, da muss dann zwingend eine zusätzliche Wetterschutzschicht in Form einer Hardshelljacke zur Verfügung stehen und auch bei schnellen Abfahrten auf winterlichen Radtouren wird mehr Luft die Jacke passieren als angenehm erscheint. Aber abgesehen von solchen extremen Situationen sind derartige Materialien, kombiniert mit Funktionswäsche und Fleece, ein Segen für den, der in erster Linie „abdampfen“ will und keinen Sinn in einer vollständigen Winddichtigkeit mit ihren Nachteilen in Punkto Wasserdampfdurchlässigkeit sieht.

Softshell für den Sommer: Fazit

Obwohl membranbasierte Materialien wie Gore Windstopper sowie Polartec Wind Pro und Power Shield im Produktbereich Softshell die Maßstäbe setzen, haben membranlose Materialien doch ihre Existenzberechtigung und auch klare Vorteile. Wer ein Maximum an Atmungsaktivität benötigt und dafür auf einen kleinen Teil an Wetterfestigkeit verzichten kann, der ist mit Kleidungsstücken aus solchen Stoffen weit besser bedient. Zumal diese auch eine sehr gute, weil universellere Ausgangsbasis für das Zwiebelprinzip bilden. Es lohnt sich, über das Marketingschlagwort „100% Winddicht“ hinaus die verschiedenen Softshellmaterialien zu studieren. Weniger ist sehr oft viel mehr.

Weiterlesen: Test Haglöfs Boa Hood

Weiterlesen: Test Rab Alpine Jacket

Empfohlener Online-Shop:

Outdoor-Professionell.de