Die deutschen Mittelgebirge haben ihren ganz eigenen Reiz. Sie sind ganzjährig nutzbar und liegen quasi vor der Haustür. Eine Möglichkeit, sie zu erleben, ist das Wandern. Dafür braucht man fast nichts, nur etwas Zeit. Abseits vom alltäglichen Stress, dem Lärm und der Hektik, lässt es sich hier wunderbar „entschleunigen“.

Wandern im Mittelgebirge, einfach schön

Wandern im Mittelgebirge. Warum eigentlich?

Natürlich sind die Mittelgebirge kein exotisches Reiseziel. Sie sind auch wahrlich nicht mit den majestätischen Alpen vergleichbar. Oder der schroffen Schönheit der Dolomiten. Der Reiz der Mittelgebirge liegt in ihrer Kleinräumigkeit. Vergleichsweise winzige Areale, die sich an Ballungsgebiete anschmiegen.

Aber innerhalb dieser kleinen Räume findet sich eine große Vielfalt an Natur- und Kulturräumen. Der Odenwald zum Beispiel. Der vordere, am Rheingraben gelegene „Kristalline Odenwald“ ist völlig anders als der hintere, sog. „Buntsandsteinodenwald“. Ersterer ist weich geschwungen, es dominiert die Landwirtschaft, er ist dichter besiedelt. Letzterer ist enger, mit tiefen Tälern und steilen Hängen. Weniger dicht besiedelt, dort dominiert streckenweise die Forstwirtschaft. Beide haben einen ganz eigenen Charakter, jeder ist auf seine Art schön.

So verschieden sind auch die anderen Mittelgebirge und Naturlandschaften in Deutschland. Zufluchtsorte, um für einige Stunden oder Tage dem Alltag und seiner Hektik zu entfliehen.

Anmerkung: Natürlich gibt es auch jede Menge flache Landschaften, in denen es sich vortrefflich wandern lässt. Aber des Autors Interesse gilt nun mal den Mittelgebirgen, deshalb sind sie hier Thema.

Wandern im Mittelgebirge. Alter Baum

Wandern im Mittelgebirge. Warum überhaupt zu Fuß?

„Wer geht, der sieht im Durchschnitt anthropologisch und kosmisch mehr, als wer fährt. … So wie man im Wagen sitzt, hat man sich sogleich einige Grade von der ursprünglichen Humanität entfernt.“

Johann Gottfried Seume wusste, wovon er sprach. Im Jahre 1801 startete er in Grimma (Sachsen) seinen „Spaziergang nach Syrakus“. Diese Reise führte ihn zu Fuß über Dresden, Prag, Wien, Triest, Venedig, Bologna, Rom, Neapel bis nach Sizilien. Zurück dann durch die Schweiz und mit einem kleinen Umweg über Paris nach Leipzig.

Es liegt in der Natur des Gehens, dass man mehr sieht. Erst in der Langsamkeit wird man eins mit der Natur. Gegenüber allen anderen Arten der Fortbewegung ist dies das Alleinstellungsmerkmal des Wanderns. Und es mag überraschen, wie viele kleine Dinge am Wegesrand zum Betrachten und Verweilen einladen. Das kann schon gewaltig bremsen. Aber es geht ja auch nicht um die Geschwindigkeit.

Wandern im Mittelgebirge. Vergehen und Werden

Wandern im Mittelgebirge. Geschwindigkeit ist nicht von Bedeutung

… daß ich bloß spazieren gehen wollte, um mir das Zwerchfell auseinander zu wandeln, … das ich mir etwas zusammengesessen hatte.“

Das macht das Wandern aus, die geringe Geschwindigkeit. Man kann nur so und so schnell gehen, bevor das Rennen beginnt. Bestenfalls kann man den ganzen Tag über gehen (und auch die Nacht durch), als „nur“ ein paar Stunden. Die Zeit auf dem Weg zählt, nicht die Geschwindigkeit, mit der man ihn entlang eilt. Ein fundamentaler Unterschied zu unserem Alltag, in dem es so wichtig ist, alles möglichst schnell hinter sich zu bringen.

Wer hat es noch nicht erlebt: Eine lange Strecke nonstop mit Auto oder Flugzeug zurückgelegt und am Zielort ist man erst mal etwas von der Rolle. Der Körper ist schon da, aber der Rest noch nicht. Dieser schnelle Szenenwechsel ist unnatürlich, wir sind viel langsamer als die Transportmittel, welche uns zur Verfügung stehen. Da hilft dann nur, bewusst langsam zu machen, um Körper und Geist etwas Gutes zu tun.

Wandern im Mittelgebirge. Die Geschwindigkeit ist nicht wichtig
Wandern im Mittelgebirge. Mit Muße

Wandern im Mittelgebirge. Was man so braucht.

„Anbei will ich Ihnen hier mein Inventarium liefern…: 1. Meinen blauen Frack, 2. Zwei Westen…, 3. Zwei Paar Beinkleider inclusive der Unterziehhosen, 4. Ein Paar baumwollene und ein Paar wollene Strümpfe, 5. Zwei schwarze und zwei weiße Halstücher, 6. Zwei Schnupftücher, 7. Ein Paar Schuhe mit Schnallen, 8. Ein Paar Pantoffeln. … 9. die Bibliothek…“

Die Ansprüche sind heute generell etwas anders. Aber wie damals gilt, weniger ist mehr. Und man braucht sehr wenig. Denn die Mittelgebirge haben den Vorteil, keine potenziell lebensfeindliche Umgebung zu sein. Man ist nicht gleich dem Untergang geweiht, nur weil es ein bisschen regnet. Wo immer man sich auch aufhält, die Zivilisation ist nicht weit. Handyempfang hat man fast immer und die nächste Straße/der nächste Ort liegt um die Ecke.

Kaufen muss man erst mal auch nichts. Für die in den Mittelgebirgen üblichen Wege genügen für den Anfang Halbschuhe mit griffiger Sohle, die auf jeden Fall gut passen sollten. Die hat man eh. Gegen Regen irgendeine wetterfeste Jacke bzw. ein Regenschirm, auch vorhanden. Ein kleiner Rucksack müsste sich im Haushalt finden, da passt der Pullover und die Wegzehrung rein, fertig. Schon kann man losgehen. Im Laufe der Zeit kristallisiert sich dann schon raus, was notwendig ist und was nicht. Beim Autor sind es Rucksack, Hut und Regenschirm, die immer dabei sind.

Wandern im Mittelgebirge. Immer dabei
Wandern im Mittelgebirge. Mit allem Komfort

Wandern im Mittelgebirge. Orientierung ist einfach

„Von hier wollte ich endlich nach Syrakus; aber ich ging in den Mauleseltriften der Bergschluchten, Höhen und Täler abermals irre und kam anstatt durch Syrakus nach Augusta.“

Die Orientierung fällt im Mittelgebirge leicht, denn sie sind im Allgemeinen von einem gut markierten Wegenetz durchzogen. Im Idealfall findet sich am Parkplatz am Waldrand („Naturparkplatz“) eine Schautafel mit markierten Wegen. Von dort aus kann man vorgegebene Rundwege laufen. Auch in den entlegeneren Gebieten sind die wichtigsten Wege mit Markierungen versehen.

Abgesehen davon sind viele Hilfsmittel zur Orientierung erhältlich. Jede gute Buchhandlung führt Wanderkarten der Region. Online findet man alles, auch die entlegeneren Regionen. In diesen Karten sind sowohl die Topographie als auch die Wanderwege und Sehenswürdigkeiten dargestellt. Damit und mit einem einfachen Kompass kann man sich schon gut orientieren. Anmerkung: Es ist empfehlenswert, sog. „großmaßstäbige“ Karten auszuwählen. Übliche Maßstäbe sind 1:20.000/25.000 bis max. 1:50.000. Erstere zeigen mehr Details, letzterer deckt größere Flächen ab, bei schon deutlichem Detailverlust.

Eine weitere Alternative ist das GPS. Die Orientierung per „Navi“ und Satelliten ist mittlerweile guter Standard. Sie bietet den großen Vorteil, dass man immer genau weiß, wo man ist. Bei Landkarten geht das nur, wenn man permanent mitdenkt. Aber GPS ist des Autors Sache nicht, da gibt es bessere Informationsquellen.

Wandern im Mittelgebirge. Die Orientierung ist einfach
Wandern im Mittelgebirge. Ein schlechter Weg
Wandern im Mittelgebirge. Ein guter Weg

Wandern im Mittelgebirge. Es gibt solche und solche Wege

„Ich hatte in meinem musikalischen Enthusiasmus nicht auf den Weg Achtung gegeben; … so fiel ich auf die Nase… “

Egal, womit man sich jetzt orientiert, ein wichtiger Faktor entscheidet sich vor Ort: die Qualität des Weges. Da gibt es große Unterschiede, die sich auf die Wanderqualität auswirken. Es macht schon etwas aus, ob man auf weichem Waldboden geht, oder einem knüppelharten, geschotterten Wirtschaftsweg. Auf ersterem schwebt man dahin, auf letzterem schmerzen irgendwann nur noch die Beine.

Leider weiß man das vorher nicht. Auf vorgegebenen Wegen oder Routen ist man dem ausgeliefert, was der Ersteller für gut befindet. Das kann der markierte Rundwanderweg sein, der schlicht darauf ausgelegt ist, es so einfach wie möglich zu machen. Das kann die aus dem Netz heruntergeladene Route sein, die nach persönlichen Vorlieben, wie z.B. möglichst wenig Höhenmeter, erstellt wurde.

So oder so, es lohnt sich, nicht blind irgendwem hinterher zu laufen. Sondern selber zu schauen, welche Möglichkeiten sich bieten. Man kann jederzeit die vorgegebenen Wege verlassen, interessantere Varianten wählen, angenehmer gehen. Vielleicht endet man dann auch mal in einer Sackgasse, aber das ist nicht von Bedeutung. Der Weg ist das Ziel und durch (fast) nichts zu ersetzen.

Wandern im Mittelgebirge. Die alten Wege locken.
Wandern im Mittelgebirge. Kein Weg mehr

Wandern im Mittelgebirge. Die Einkehr gehört dazu

„Im Gasthofe fütterte man mich den Abend sehr gut mit Suppe, Rindfleisch, Wurst, Fritters, Kapaun, Obst, Weintrauben und Käse von Parma.“

Ein Ziel ist allerdings genauso wichtig wie der Weg. Nämlich die Dorfgaststätte mit guter Küche. Es gibt sie immer noch, auch wenn sie vom Aussterben bedroht ist. Familiengeführt, der regionalen Küche verbunden, mit Produkten aus der Region, hier lässt es sich gut speisen.

Für Rundwanderungen ein idealer Ausgangsort, als Pension ebenso gut für ein Wochenende oder den Urlaub. Viele der mittlerweile so beliebten „Steige“ in den Mittelgebirgen führen von Gasthof zu Gasthof, kombinieren das Wandern in der Natur mit exzellentem Essen.

Wie man sieht, es braucht nicht viel für eine gelungene Auszeit. Eigentlich nur die Motivation, einfach mal aus dem Alltag auszubrechen. Und der Wunsch, eine schöne Zeit in der Natur um die Ecke zu verbringen.

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Wandern im Mittelgebirge. Die Einkehr gehört dazu
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