Polartec ist Weltmarktführer bei Fleece, dafür steht diese Marke. Aufbauend auf diesen Erfahrungen erweitert Polartec sein Sortiment sukzessive mit waserdichten, hoch atmungsaktiven Stoffen. Zuerst Polartec Power Shield Pro, jetzt NeoShell. Dieses lt. Polartec atmungsaktivste 100% wasserdichte Material auf dem Markt wird ab Herbst 2011 von ausgewählten Herstellern von Funktionskleidung angeboten.

Mammut, Marmot, Montura, Rab, 66 North bringen neue Modelle, vor allem Jacken, auf den Markt. Der hauptsächliche Unterschied von Polartec NeoShell zu den Geweben der Konkurrenz (Goretex, Event, etc.) liegt in seinem Aufbau, der sich völlig von den üblichen Membran- und Beschichtungstechnologien unterscheiden soll.

Polartec NeoShell, die Technologie

Polartec NeoShell verfügt über eine hydrophobe, mikropöröse PU-Membran, laminiert zwischen einer abriebfesten Aussenseite und einer weichen Innenseite in einem leicht elastischen Verbund. Dies ist ein schon von Polartec Power Shield Pro her bekannter Aufbau, aber mit dem signifikanten Unterschied der garantierten Wassersäule. Polartec spricht bei NeoShell von 10.000mm im Neuzustand und 5.000mm nach 20 Waschgängen.

Soweit ist das nichts wesentlich Neues, aber was den Unterschied von Polartec NeoShell zu WWA-Geweben (WWA = wasserdicht, winddicht, atmungsaktiv) anderer Hersteller ausmacht, ist die im Gewebe „eingebaute“ genau dosierte Luftzirkulation. Ähnlich wie beim Polartec Power Shield Pro kann etwas Luft direkt durch das Material hindurchgehen und so für ein besseres Körperklima sorgen. Nur 2l/m²/sek., weit unter dem Schwellenwert von 11l/m²/sek. ab dem ein Luftzug spürbar wird, aber genug um, laut Polartec, das „Feuchtbiotop Jacke“ spürbar zu trockener zu gestalten.

Rab Stretch Neo Jacke Frauen; Photo: Rab

Rab Stretch Neo Jacke Frauen; Photo: Rab

Alle anderen auf dem Markt befindlichen wasserdicht/atmungsaktiven Materialien arbeiten ausschließlich auf dem Prinzip des Dampfdruckgefälles. Das heisst ganz einfach, es braucht einen Unterschied in der Luftfeuchtigkeit innerhalb und ausserhalb der Jacke und ausserdem noch ein signifikantes Temperaturgefälle von ca. 15°C, damit der Feuchtigkeitstransport von Innen nach Aussen überhaupt stattfinden kann. Kalt und trocken auf der Aussenseite, die „Atmung“ funktioniert. Warm und feucht, nichts geht. Mit diesen Einschränkungen muss jedes WWA-Material leben. Immer noch besser als Friesennerz, aber eben nicht perfekt. Deshalb werden ja auch Unterarmbelüftungen in Jacken eingebaut und die allgemeinen Empfehlungen lauten, soweit wie möglich alle Reissverschlüsse offen zu lassen. Dass diese zahlreichen Öffnungen in einem auf Dampfdruckgefälle basierenden System theoretisch kontraproduktiv sind, ist nur eine von vielen Ungereimtheiten.

Polartec jedenfalls sagt, dass „…Die für die Atmungsaktivität nötigen dynamischen Bedingungen (…) durch Bewegung und einem leichten Wind auf der Außenseite (entstehen). (Text: Polartec) = Erst wenn Wind weht oder der Träger des Kleidungsstücks sich aktiv bewegt, gerät der Mechanismus der Luftzirkulation durch das Gewebe in Gang. Wieviel diese Luftzirkulation nun wirklich ausmachen wird, wird sich erst in Zukunft zeigen. Wovon man aber ausgehen kann, und Power Shield Pro hat es vorgemacht, ist dass ein zusätzlicher Mechanismus zum Wasserdamptransport durch ein wasserdicht/atmungsaktives Gewebe geschaffen wurde. Das Vertrauen einiger der o.g. NeoShell verarbeitenden Hersteller scheint jedenfalls groß genug zu sein, denn nach den derzeit vorliegenden Informationen verzichten manche bei Neohellprodukten auf die mitlerweile Standard gewordenen zusätzlichen Belüftungsöffnungen in Form von „Pit zips“ (=Unterarmreißverschlüsse).

Natürlich hat Polartec auch einen eigenen Test, den „Dynamischer Atmungsaktivitäts-Test nach ASTM F2298 Standard DMPC“ (Dynamic Moisture Permeation Cell). (Text: Polartec). Dieser Testaufbau soll im Gegensatz zu den bisher üblichen Testverfahren sowohl die statische als auch die dynamische Wasserdampfdurchlässigkeit eines Gewebes ermitteln können. Und wie das so ist bei Testverfahren, dass eigene Produkt kommt dabei am besten weg. Honi soit….

Bezüglich der dauerhaften Wasserdichtigkeit von NeoShell gibt Polartec, wie schon von Power Stretch Pro gewohnt, zwei Wassersäulenwerte an:

  • Wasserdichtigkeit im Neuzustand: 10.ooo mm Wassersäule.
  • Wasserdichtigkeit im Gebrauch: noch 5.000 mm nach 20 Waschgängen.

Das klingt nach eher wenig, verglichen mit den Angaben der Konkurrenz. Die geben immerhin Werte bis 30.000mm an. Ob und inwieweit das wirklich in der Praxis relevant ist, soll hier aber nicht erörtert werden.

Polartec NeoShell, die neuen Jacken

Rab Stretch Neo Jacke Männer; Photo: Rab

Rab Stretch Neo Jacke Männer; Photo: Rab

Das Material NeoShell wird von Polartec in vielen Varianten gefertigt. Unterschiedliche, sehr leichte oder eher warme Innenfutter, die dann mit verschieden dicken, stabilen und abriebfesten Außenmaterialien als Laminat kombiniert werden. In den meisten Fällen verfügen diese Gewebe über einen hohen Stretchanteil, der dann je nach Hersteller als bielastisch, 2-Wege- oder gar 4-Wege-Stretch bezeichnet wird. Jedenfalls hat es den ersten Anschein, als ob die meisten ab Herbst 2011 erhältlichen Jacken entweder als „wasserdichte Softshell“ oder als „Hardshell mit Softshelleigenschaften“ beworben werden. Mit welchem Etikett die jeweilige Jacke aus NeoShell dann letztendlich versehen wird, ist eher unerheblich. Die Ausstattungen und Gewichte fertiger Jacken variieren jedenfalls erheblich. Viel ist noch nicht zu erfahren, aber u.a. diese Produkte werden ab Herbst erhältlich sein:

  • Vaude Alpamayo, 713 gr., Unterarmreißverschlüsse, vollständig aus Stretchmaterial, Fleeceinnenseite, „wärmere 3-Lagen Jacke für alle Spielarten des Bergsports bei kälteren Bedingungen“ (Text: Vaude)
  • Rab Fusion, 535 gr., keine Unterarmreißverschlüsse, vollständig aus Stretchmaterial
  • Mammut Gipfelgrat, 779 gr., vollständig aus Stretchmaterial
  • Marmot Zion, 510 gr., seitliche Stretcheinsätze
  • 66North Snaefell, vollständig aus Stretchmaterial

Bis auf die zugrundeliegende gemeinsame Technologie also höchst unterschiedliche Produkte, die aber sehr wahrscheinlich alle Facetten des Outdoorlebens werden abdecken können.

Polartec NeoShell, das Fazit

Stück für Stück scheint die klassische Hardshell einen Großteil ihrer schlechteren Eigenschaften zu verlieren. Die Stoffe werden nicht mehr so raschelig und hart, aber dennoch abriebfest und rucksacktauglich sein. Diese auf maximale Wasserdichtigkeit unter extremsten Bedingungen ausgelegten Jacken, die dann doch meistens unter weit weniger lebensbedrohlichen Umständen getragen werden, wandeln sich wohl ein Stück weit in Richtung der 90% der Zeit angenehmer zu tragenden Konkurrenz, der Softshelljacke. Das ist beileibe nicht negativ, denn ihre wichtigste Eigenschaft, die praxisgerechte Wasserdichtigkeit, bleibt erhalten.

Im Herbst 2011 jedenfalls wird mit der Markteinführung sowohl von Polartec NeoShell als auch von Goretex Active Shell eine bezüglich Atmungsaktivität neue Gattung an Wetterschutzbekleidung erhältlich sein. Wer etwas anderes sucht als die klasische Hardshelljacke, sollte das bei einer evtl. anstehenden Neuanschaffung vielleicht bedenken.

Weiterlesen: Gore-Tex Active Shell und Polartec NeoShell im Winter 2011

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