Das Angebot an Ferngläsern ist schier unüberschaubar, welches soll man nun nehmen? Wer sich für seine Outdooraktivitäten ein Fernglas anschaffen will, tut gut daran vorab einige Informationen zu sammeln. Nur so läßt sich ein Fehlkauf vermeiden.

Ein Fernglas ist in Bezug auf seine optischen Eigenschaften pure Physik. Da gibt es keine Abkürzungen, Schummeln ist nicht möglich. Im weiteren werden die technischen Daten und ihre praktische Relevanz erläutert.

Das Fernglas, die technischen Daten

Alle nachstehend genannten Faktoren sind eng miteinander verbunden. Man kann den einen nicht verändern, ohne auch die anderen zu beeinflussen. Ein Fernglas ist daher immer ein Kompromiss, bei dem die Ingenieure versuchen, ein technisch möglichst ausgewogenes Produkt zu entwickeln.

Die Vergrößerung

Die Modellbezeichnung eines Fernglases, z.B. 8×30 enthält eine der wichtigsten Kenndaten, die Vergrößerung, hier achtfach. Das Objekt erscheint achtmal größer als mit unbewaffnetem Auge gesehen.

Ein Fernglas für den Gebrauch ohne Stativ ist typischerweise im Bereich der 6-10fachen Vergrößerung angesiedelt. Je höher der Wert, desto größer wird das Objekt dargestellt.

Je stärker die Vergrößerung, desto wackeliger auch das erzeugte Bild. Problemlos bezüglich einer zitterfreien Nutzung ist die 7-8fache Vergrößerung. Sie bildet einen guten Kompromiss für den allgemeinen Gebrauch. Für 10x braucht man schon eine wirklich ruhige Hand, wird dann aber auch mit einem deutlich größer abgebildetem Objekt belohnt.

Der Objektivdurchmesser

Objektiv = Frontlinse. Bei einem Fernglas 8×30 bedeutet dies, dass die Frontlinse einen Durchmesser von 30mm hat. Auch hier findet man sehr verschiedene Werte bei den einzelnen Ferngläsern vor, die aber immer mit den Faktoren Gewicht, Volumen und Einsatzbereich korrespondieren. Je größer der Objektivdurchmesser, desto mehr Licht wird „eingefangen“, das Objekt wird kontrastreicher und detaillierter abgebildet.

  • Um 20mm: Kleine, leichte Taschenferngläser für die Nutzung bei sehr gutem Licht.
  • 30-42mm: Universelle Nutzbarkeit bis in die Dämmerung hinein.
  • Ab 50mm: Ferngläser für die Nutzung in der Dämmerung/Nacht.

Die Austrittspupille

Weit weniger bekannt, aber ein sehr wichtiger Faktor.

  • Objektivdurchmesser : Vergrößerung = Austrittspupille

Die Austrittspupille variiert bei Ferngläsern von 2,5mm (Taschenferngläser) bis 7mm (Nachtgläser). Je größer, desto besser ist das Fernglas für den Einsatz bei schlechten Sichtverhältnissen geeignet, desto größer und schwerer ist es aber auch.

Die Pupille des menschlichen Auges verengt sich am Tage auf ca 2-3mm. Für den auschließlichen Einsatz bei Tage reicht also ein kompaktes Taschenfernglas.
Im Bereich der Ferngläser 8×30 hat die Austrittspupille einen Durchmesser von 3,75 mm. Das ist genug, um bis in die Dämmerung hinein das Fernglas benutzen zu können.

Einen Vorteil hat eine größere Austrittspupille immer: Es ist viel einfacher, die Augen in deren weiterem Lichtstrahl genau zu positionieren um abschattungsfrei zu sehen. Bei den kleineren Austrittspupille kann es schon ein wenig schwieriger sein, dass Fernglas so anzusetzen, dass das Sehfeld abschattungsfrei zu überblicken ist.

Bei zunehmender Dunkelheit erweitert sich die Pupille auf bis zu 7mm. Das ist aber abhängig von persönlicher Veranlagung und Lebensalter. Mit zunehmendem Alter läßt diese Fähigkeit nach. Typisch sind – ganz grob – ca 5mm ab dem 50. Lebensjahr.

Ein „echtes“ Nachtglas, z.B. ein 8×56 oder 10×56 ist immer deutlich größer und schwerer als andere Ferngläser. Es ist ein Spezialglas für einen bestimmten Anwendungsbereich.

Der Austrittspupillenabstand

Wichtig für Brillenträger!. Das vom Fernglas erzeugte Bild wird durch das Okular „herausprojiziert“, idealerweise genau dorthin, wo das Auge sitzt. Bei Brillenträgern ist dieser Abstand logischerweise sehr viel größer, wenn sie denn mit Brille das Fernglas benutzen wollen.

Ohne eigene Erfahrungen als Brillenträger ist es natürlich schwer, mehr als die Grundlagen zu vermitteln. Deshalb nur soviel:

  • Mit Brille ist es immer schwer, das gesamte Sehfeld zu überblicken.
  • Jeder Brillenträger bringt andere Voraussetzungen mit (Typ der Brille, Glasdicke, Sitz auf der Nase relativ zum Auge, etc.)
  • Nur wenn man selbst ein Fernglas ausprobiert, weiß man ob es „brillentauglich“ ist.

Das Sehfeld

Das Sehfeld ist der Bereich in seiner Breite, der beim Sehen durch ein Fernglas sichtbar wird. Das Sehfeld variiert stark bei den einzelnen Ferngläsern. Es nimmt ab mit zunehmender Vergrößerung. Bei Ferngläsern der Größe 8×30/32 variiert das Sehfeld zwischen 110 und 154m (auf 1000m).

Bei zu wenig Sehfeld glaubt man, durch eine Röhre zu blicken. Ein weites Sehfeld dagegen erlaubt es, den Überblick über eine Landschaft zu behalten oder z.B. einen in einem Baum sitzenden Vogel mit dem Fernglas schneller „einzufangen“.

Natürlich hat ein weites Sehfeld auch Nachteile. Die unvermeidbaren Abbildungsfehler der verwendeten optischen Elemente treten am Bildrand umso mehr zu Tage, je breiter das Sehfeld ist. Das ist durch aufwendigere optische Konstruktionen aber kompensierbar. Z.B. Prismen und Linsen vergrößern und generell einen sehr viel größeren Aufwand (Linsenschliffe, Beschichtungen, sehr teure Glassorten) treiben. Doch das schlägt sich entsprechend auf Gewicht, Abmessungen und Preis nieder. Extreme sind auch hier selten sinnvoll.

Zur Veranschaulichung: Man ziehe einen (virtuellen) Strich von der Bildfeldmitte bis zum Rand, die Mitte sei Null und der Bildrand 100%. Dann sind üblicherweise die inneren 80% scharf abgebildet. Man bekommt natürlich auch randscharfe Ferngläser, aber das kostet sehr viel Geld. Die meisten Hersteller optimieren die Bildschärfe in der meistgenutzten Bildmitte und das ist auch sinnvoll, wenn der Preis eine Rolle spielt.

Wissenswertes über Ferngläser, Fazit

Ein Fernglas ist immer die Summe seiner Eigenschaften. Es ist völlig sinnlos, nur einen einzigen Faktor als wichtig und kaufentscheidend zu bewerten. Natürlich wird jeder die einzelnen Leistungsdaten anders gewichten, aber schlussendlich hält man dann ein Gesamtpaket in den Händen. Es lohnt sich, vor dem Kauf zu verstehen was ein Fernglas ausmacht.

Dies ist Teil 1 einer mehrteiligen Artikelserie zum Thema Ferngläser.

Wissenswertes über Ferngläser, Teil 2: Die Fachbegriffe verstehen

(Alle Grafiken: Eden, Steiner, Vortex)

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