Hestra  Ergo Grip OutDry Dexterity Long

Hestra Ergo Grip OutDry Dexterity Long; Photo: Hestra

Dauerhaft wasserdichte Fingerhandschuhe sind selten. Zu empfindlich sind die als Futter verarbeiteten Membranen. Mit der neuen Outdry-Technologie verfügt der schwedische Hersteller Hestra jetzt über völlig neue Möglichkeiten.

Hestra ist ein Familienunternehmen seit 1936 und heute wie damals werden alle Handschuhe in der eigenen Firma im smaländischen Hestra gefertigt. Schier unübersehbar ist mittlerweile die Produktpalette, aber ein Modell stach heraus.

Der Ergo Grip OutDry Dexterity Long ist ein wasserdichter Fingerhandschuh. Stretchmaterial auf dem Handrücken, imprägniertes Ziegenleder mit Verstärkungen aus Känguruhleder in der Innenhand. Vorgeformte Finger, lange Stulpe, Verliersicherung. Zusammen mit der wirklich guten Verarbeitung ist das alles erst mal nichts Besonderes für Hestra.

Wäre da nicht die verwendete Technologie. Outdry ist ein neuer Laminierungsprozess, der wasserdicht macht, was bisher nicht dicht zu kriegen war.

Überspitzt formuliert, eine wasserdichte Membran – egal welchen Herstellers – ist üblicherweise gerade mal so stabil wie ein Stück gummiertes Zigarettenpapier. Bei wasserdicht/atmungsaktiver Bekleidung bestimmt die Stabilität des Trägermaterials die Lebensdauer. Auf dicke, stabile Stoffe laminiert bleibt die Wasserdichtigkeit der Membran länger erhalten als bei weichen, flexiblen Stoffen. Bei Fingerhandschuhen stößt man da sehr schnell an seine Grenzen, denn hart wie ein Brett sollen diese ja nicht sein.

Dazu kommt noch das Problem, dass jede Naht aufwändig mit einem Band versiegelt werden muss. Kein Problem z.B. bei einer Jacke, unmöglich bei einem Fingerhandschuh. Dementsprechend wird bei Handschuhen die Membran normalerweise als ein sog. „Liner“ verarbeitet. Das ist ein separater Handschuh, welcher lose zwischen Außenmaterial und Innenfutter liegt und nur an der Öffnung vernäht ist.

Dummerweise wird kaum ein Kleidungsstück so geknautscht, gewrungen und permanent geflext wie ein Handschuh. Dementsprechend ist diese empfindliche Membran auch großen Belastungen ausgesetzt und wird entsprechend schnell undicht.

Und selbst wenn sie dicht bleibt, so besteht doch ein weiterer, gravierender Nachteil dieser Verarbeitung. Der Außenstoff wird nass und Wasser sammelt sich zwischen den einzelnen Lagen. Das kühlt die Finger aus und eine Trocknung dauert sehr lange.

Outdry ist da ganz anders. Auch hier wird ein Liner in Hnadschuhform zugeschnitten. Er besteht aus der Membran selbst und einer Klebefolie auf deren Außenseite. Dieser Liner wird dann in den Handschuh gesteckt und, vereinfacht gesagt, in einem Ofen mit dem Außenhandschuh verbacken. Dadurch wird das Außenmaterial völlig wasserdicht und aus dem Liner wird ein 2-Lagen Laminat.

Da Outdry hochelastisch (+200%) ist, passt es sich beim Verbacken jeder Unebenheit (z.B. Nähte) im Handschuh an. Der so geschaffene Verbund soll die Beanspruchungen im Gebrauch besser verdauen als ein loses Futter.

Allerdings verändert das Laminieren auch den Charakter des Lederhandschuhes deutlich. Normalerweise wäre so ein Handschuh weich und geschmeidig an der Hand. Mit der auflaminierten Membran wird das Leder aber deutlich zäher. Das ist schon gewöhnungsbedürftig. Der Handschuh folgt einfach nicht so gut den Bewegungen der Finger.

Bei der Erprobung in der Praxis stößt man natürlich auf ein grundsätzliches Problem. Einer allein kann über einen beschränkten Zeitraum ein Produkt nicht vollständig erfassen. Ob ein Handschuh mit Outdry wirklich höher belastbar ist, weiß man selber erst nach monatelanger Nutzung. Und dann muss diese Erkenntnis noch lange nicht allgemeingültig sein. Wie bei allen neuen Technologien heißt es abwarten. Aber so schön und wertig gearbeitet, so ausgereift im Detail ist dieser Handschu, da kann man dem Hersteller schon einen dicken Vertrauensbonus gewähren.

Alles andere am Hestra Ergo Grip OutDry Dexterity Long lässt sich problemlos bewerten. Die Passform ist bei Handschuhen eine individuelle Sache, vom Testmodell lässt sich jedenfalls sagen, dass es eher klein ausfällt. Die eigene Handschuhgröße ist 9, gemessen nach Hestra wäre sie 8,5. Das Testpaar hatte Gr.9 und war etwas zu knapp.

Das Tragegefühl ist aber gut, die starke Vorbiegung der Finger erleichtert den Griff. Ob Trekkingstock oder der Gasgriff des Motorrades, man hatte immer sauberen, faltenfreien Kontakt.

Der getestete Handschuh ist eher dünn gefüttert und trotzdem überraschend warm. Bis 0°C auf dem Fahrrad und +5°C auf dem Motorrad war er problemlos einsetzbar, erst darunter gab es kalte Finger. Ein guter Wert für so dünne Handschuhe!

Cleveres, praxisorientiertes Detail bei einem Handschuh von Hestra

Cleveres, praxisorientiertes Detail bei einem Handschuh von Hestra

Die Atmungsaktivität lag etwa auf dem Niveau eines Handschuh mit Gore-Tex Liner. Also vollkommen praxistauglich und angenehm auch bei langem Tragen. Pluspunkte für Outdry.

]Nun, dies ist die erste Generation eines Produktes mit neuer Technologie. Da kann man nicht erwarten, dass alles perfekt ist. Vielleicht ist der veränderte „Griff“ des Leders der Preis für einen richtig guten und dauerhaft wasserdichten Handschuh? Vielleicht dauert es auch ein oder zwei Produktgenerationen bis diese Eigenheit nicht mehr so ausgeprägt vorhanden ist.

Der Hestra Ergo Grip OutDry Dexterity Long ist jedenfalls ein exzellenter Handschuh mit einer zukunftsweisenden Technologie. Würde er besser zu den Händen des Autors passen, wäre er definitv ein „Keeper“. So geht er nach Ablauf des Testlaufes mit leisem Bedauern an Hestra zurück. Aber irgendwann kommt ein neuer Outdry-Handschuh dieser Firma ins Haus, das steht jetzt schon fest.

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