Nach dem Putzen kommt die eigentliche Pflege. Dem Leder müssen langfristig Nährstoffe zugeführt werden. Nur damit kann man vermeiden, dass es hart, rissig und brüchig wird.

Zwei Arten der Pflege sind üblich und werden von den Schuhherstellern empfohlen, imprägnieren und wachsen. Beide Methoden haben ganz unterschiedliche Zielsetzungen und Auswirkungen auf Leder und Schuh.

Wanderstiefel pflegen: Wachsen oder imprägnieren?

Imprägnieren und Wachsen stehen von der Wirkungsweise her im Widerspruch.

Beim Imprägniermittel, zumeist in Sprayform, dringt das Lösungsmittel in das Leder ein und die imprägnierenden Zusätze umhüllen dann nach Trocknung die einzelnen Lederfasern.
Das Wachs dringt ebenfalls, zumindest bei langfristiger Anwendung, in das Leder ein und umschliesst die Lederfasern zum Schutz vor Nässe.
Es liegt auf der Hand, dass das Wachs die Wirkung von Imprägniermitteln behindert. Imprägnieren schadet trotzdem nicht, denn auch wenn die Wirkstoffe nicht mehr so tief einziehen, können sie doch auch oberflächlich von Nutzen sein.

Wenn man wählen müsste, wäre für einen Schuh im langjährigen Gebrauch immer dem Wachsen der Vorzug zu geben. Der Grund liegt darin, das ein Imprägnierspray generell nicht pflegt. Es schützt das Leder zwar vor dem Ausschwemmen der Pflegesubstanzen, aber früher oder später müssen diese nachgeführt werden und da geht es nicht ohne Wachs.

Wanderstiefel pflegen: Imprägnieren

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Nikwax Fabric & Leather Spray; Photo: Nikwax


Bei den in Imprägniermitteln verwendeten Inhaltsstoffen scheint generell ein Umdenken einzusetzen. Bisher bestanden die wasserabstoßenden Substanzen zumeist aus Fluorchlorkohlenwasserstoffen, mit einem flüchtigen Lösungsmittel aus Kohlenwasserstoffen als Träger und einem Aerosol als Treibgas.

Mittlerweile wird vermehrt Wasser als Lösungsmittel verwendet, biologisch abbaubare Imprägniermittel und Pumpspraydosen.
Von daher spricht auch nichts mehr gegen die Imprägnierung von Schuhen. Sinnvoll sind solche Mittel auch bei Schuhen mit synthetischen Stoffen als Außenmaterial und Goretex als Futter. Hier kann der Wasserdampftransport durch das Gewebe verbessert werden, Dreck setzt sich nicht so fest und die notwendige Reinigung mit Wasser und Bürste ist einfacher.

Empfehlenswert durch ihr Zusammenspiel von imprägnierender Wirkung und Umweltschutz sind u.a. Nikwax Leather & Fabric Proof und Fibertec Green Guard Leather. Direkt nach dem Putzen mit Wasser und Bürste werden sie auf das nasse Leder aufgetragen.
Schuhhersteller empfehlen generell auch das Imprägnieren, denn es schadet nicht und ein evtl. nicht ausreichend gewachstes Leder saugt sich dann nicht so stark mit Wasser voll, was der Lebensdauer zu Gute kommt.
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Wanderstiefel pflegen: Wachsen

Es gibt sehr viele Sorten Schuhwachs auf dem Markt, jede Marke hat ihre Anhänger, die darauf schwören. Die Unterschiede sind recht gering und am wichtigsten ist wieder, das man überhaupt pflegt.

Üblicherweise bestehen gute, moderne Schuhwachse aus verschiedenen Substanzen in unterschiedlicher Zusammensetzung, z.B.

  • Bienenwachs
  • Lanolin (Wollwachs)
  • Carnaubawachs

Fette und Öle, sofern zusätzlich enthalten, werden von den Herstellern meist nicht erwähnt.

Egal, welches Produkt man verwendet, der saubere Schuh wird immer dünn mit Wachs eingerieben. Je nachdem wie stark das Leder ausgetrocknet war, muss diese Prozedur wiederholt werden. Mehrere dünne Lagen nacheinander sind besser, als einmal dick auftragen.

Leder mit und ohne WachsHier eine Nahaufnahme vom Leder eines Meindl Island, ca. 10 Jahre alt, aber nie richtig gepflegt.
Die Metallösen sind korrodiert, das Leder ausgetrocknet. Gut zu sehen auf der rechten Hälfte des Bildes die optische Veränderung durch die erste Pflege seit Jahren, bestehend aus zwei dünnen Lagen Sno Seal. Die verschiedenen Sorten Wachs verhalten sich unterschiedlich auf Leder. Fibertec Shoe Wax scheint beim ersten Auftrag im Vergleich tiefer einzuziehen, Nikwax und Sno Seal verbleiben etwas stärker auf der Oberfläche. Langfristig macht das keinen Unterschied.

Wanderstiefel pflegen: Wie oft wachsen?

Die Antwort darauf kann nur lauten „es kommt darauf an“. Zu sehr variiert die Beanspruchung des Leders aufgrund unterschiedlicher Nutzung.
wachsbruch_in_der_gehfalteIn sumpfigen Gelände, Regen oder Schnee unterwegs, wird das Leder sehr schnell ausgelaugt. Eine Wanderung im Sommer auf trockenen Wegen beansprucht das Leder kaum.

Als Grundsatz sollte gelten, dass sich das Leder nie trocken und rauh anfühlen sollte. Man muss es schon arg übertreiben, um ein Leder zu überwachsen. Meist ist das Gegenteil der Fall.

Völlig normal und nur optisch von Bedeutung ist, dass bei einem gut gewachsten Schuh in den Falten, besonders der Gehfalte, etwas Wachs aus dem Leder gedrückt wird. Aber besser ein solcher Wachsbruch, als Risse im trockenen Leder.

Wanderstiefel pflegen: Die Optik

Wichtig: Wachs verändert das Aussehen des Leders! Was im Neuzustand noch eine schöne samtartige Oberfläche war, sog. Nubuk, ist jetzt, nach der Anwendung von Wachs, dunkel, glatt und leicht speckig.
Das hat keine Auswirkungen auf die Funktion!

Die Nubukoberfläche wurde durch maschinelles Anschleifen des Leders erzeugt und besteht auch nur so lange, wie der Wanderstiefel nicht benutzt wird. Einmal damit durch die freie Natur und die Herrlichkeit ist dahin.

Wanderstiefel pflegen: wachsen, auf trockenem oder nassem Leder?Die meisten Sorten Wachs sollen nur auf trockenes Leder aufgetragen werden.
Nikwax Imprägnierwachs dagegen wird direkt auf nasses Leder appliziert, da das in ihm enthaltene Lösungsmittel ebenfalls Wasser ist. Sinnvoll auf langer Tour, wenn es nicht gelingt, das Schuhwerk zu trocknen und man unterwegs wachsen will. nikwax_waterproofing_wax_photo_nikwax

Welches Wachs man auch immer benutzt, man sollte sich an die Empfehlungen des Herstellers halten und dann bei dem bleiben, was man kennt.

Wanderstiefel pflegen: Mit Fön?

Es ist möglich, das aufgetragene Wachs durch Erwärmen mit einem Fön leicht in das Leder einzuschmelzen. Aber Vorsicht! Es ist sehr leicht, Leder durch heiße Luft irreparabel zu verbrennen. Im Zweifelsfall lässt man die Finger davon.

Bei Schuhen mit Goretexfutter sollte man grundsätzlich nichtzum Fön greifen. Die GTX-Membran ist dadurch zwar nicht zu beschädigen, aber das tief eingedrungene Wachs könnte sie verstopfen und die Wasserdampfdurchlässigkeit noch mehr behindern.

Wanderstiefel pflegen: Das Goretexfutter

Auch bei Schuhen mit einem GTX-Futter sollte die Pflege durch Wachs mässig, aber regelmässig erfolgen.
Leder braucht Nahrung, egal wie das Innenfutter beschaffen ist. Man benötigt nur nicht soviel, da die Wasserdichtigkeit durch das Futter gewährleistet wird, nicht durch das Oberleder.

Wanderstiefel pflegen: Und was ist mit Wachsspray?

Es gibt auch Schuhpflegesprays, welche Wachs enthalten und eine einfache und schnelle Schuhpflege ohne Veränderung der Oberfläche ermöglichen sollen. Deren Nutzen ist langfristig eher fraglich. Erstens einmal verändert sich die Optik des Schuhs im Gebrauch sowieso, er bekommt Kratzer, Flecken, wirkt abgewetzt. Zudem reicht der Wachsanteil des Sprays nicht aus, um beanspruchtes Leder dauerhaft zu pflegen.

Wanderstiefel pflegen: Warum kein Fett?

Das Leder der meisten modernen Wanderstiefel wird schon in der Gerberei auf die Pflege mit Wachs ausgerichtet, deshalb sollte man auch genau das verwenden.
Es gibt auch noch andere Gründe, auf Fett zu verzichten und Lowa ist ein Hersteller, der auf seiner Webseite dazu Stellung nimmt: „Fett und vor allem Öle machen das Leder zwar sehr weich und nahezu wasserdicht, aber der Schuh verliert dabei an Festigkeit und auch die Lederporen werden geschlossen, wodurch das Leder seine Atmungsaktivität verliert“ (Text: Lowa).
Allerdings gibt es auch Leder, das auf die Pflege mit fetthaltigen Produkten ausgelegt wurde, z.B. Schweizer Militärrindleder oder Gallo-Montan-Leder. Bergstiefel aus diesen brauchen dann Fett.

Wanderstiefel pflegen: Fazit

Imprägnieren schadet nicht und bei sehr reduzierter Pflege mit Wachs kann es auch den unvermeidlichen Verschleiß hinauszögern.
Der einzige kurzfristige Vorteil der Wachssprays und Imprägnierungen besteht in der Zeitersparnis, langfristig schädigt man Leder durch nicht ausreichende Pflege.
Früher oder später muß man nun mal wachsen, also kann man auch gleich damit anfangen. Eine Dose Wachs kostet keine € 10,- und reicht bei starkem Schuhgebrauch ca. ein Jahr. Das und der Zeitaufwand sind notwendige Investitionen.

Gute Wanderstiefel sind teuer. Sie werden mit Sorgfalt ausgesucht und dann nicht immer schmerzfrei eingelaufen. Bei guter Pflege können sie viele Jahre gute Dienste leisten, oder nach kurzer Zeit irrreparabel beschädigt sein. Es liegt nur am Besitzer.

Weiterlesen: Wanderstiefel pflegen Teil 1

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