Die Erkenntnis, das es angenehmer ist, mit einem leichten Rucksack unterwegs zu sein als mit einem schweren ist eigentlich nicht neu. Grundsätzlich geht es darum, die eigene Last zu minimieren ohne auf wirklich Wichtiges zu verzichten. Statt all das, was man für den eigenen Komfort zu brauchen glaubt, in den Rucksack zu stopfen, wird dieser nur mit der Ausrüstung gefüllt, die man wirklich braucht. Der Komfort besteht also dann darin, weniger Gewicht auf dem Rücken und am Körper zu haben. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen ist zum einen beim Einkauf verstärkt auf das Gewicht zu achten und zum anderen der Kauf spezieller Ultraleichtausrüstung
Bei den „großen Drei“ Rucksack, Unterkunft und Schlafen lohnt sich letzteres wirklich, denn durch überlegte Auswahl kann man hier gleich mehrere Pfund sparen. Das Verhältnis Kosten zu erspartem Gewicht ist in diesen Produktkategorien sehr gut. Bevor das nicht geschehen ist, braucht man auch nicht den Stiel der Zahnbürste abzusägen. Grundsätzlich lohnt es sich immer, wichtige Ausrüstungsgegenstände sukzessive gegen leichtere auszutauschen. Bei dem, was man wirklich braucht und nicht guten Gewissens weglassen kann weil man es nur vielleicht brauchen könnte, ist das der einzig gangbare Weg zu geringerem Rucksackgewicht.

Etwas anderes ist aber genauso wichtig, nämlich die richtige Einstellung dessen, der packt und schleppt.

Light Hiking: die richtige Einstellung

Drei Beispiele für Reisen mit wirklich geringem Gepäck:

  • 1955 wanderte die damals 67 Jahre alte Emma Gatewood den Appalachian Trail in seiner gesamten Länge von ca 3500Km. Sie trug Segeltuchschuhe und ihre gesamte Ausrüstung bestand aus einer Wolldecke, einem Regenmantel und einem Duschvorhang aus Plastik, unter dem sie schlief. Dazu eine Tasse,und eine Garnitur Wäsche zum Wechseln. Das alles passte in einen Stoffbeutel, den sie auf der Schulter trug. Sie wiederholte diese Wanderung in den Jahren 1960 und 1963, ihr Gepäck wog nie mehr als 9,0Kg
  • 1983 starteten Nicholas und Richard Crane am Golf von Bengalen ihre 58-tägige Radtour über den Himalaja mit Ziel „Mittelpunkt der Erde“, dem Punkt, der am weitesten von allen Ozeanen entfernt ist. Westlich der Wüste Gobi nahe der russischen Grenze gelegen, bedeutete dies eine Wegstrecke von ca 5300Km aus eigener Kraft zurückzulegen, durch einige der wettermäßig extremsten Regionen der Erde. Beide hatten, außer ihren je 10,0Kg schweren Fahrädern, insgesamt nur 8,2Kg Ausrüstung dabei: „All the equipment was very carefully chosen: it had to be tough, light, versatile – and necessary. The bikes fully equipped weighed 22 lb. The total weight of all the rest of the gear which each of us had, including the clothes and shoes we stood up in, sleeping-bags, water-bottle and pannier bags, was 18 lb (of which about half was recording gear: camera, tape machine, films, tapes and diaries“.
  • 1781 verließ Johann Gottfried Seume Grimma in Sachsen um „…mir endlich das Zwerchfell auseinander zu wandeln..“ mit Ziel Syrakus auf Sizilien. Alles, was er für diese Reise brauchte, inklusive Rückweg über Paris, passte in einen Tornister aus Seehundfell, dessen Größe nach heutigen Maßstäben gerade mal für eine Tagestour reichen würde.

Light Hiking: die Erkenntnis

Man braucht also sehr viel weniger, als auf den ersten Blick nötig erscheint! Diese Erkenntnis allein, zu der man allerdings meistens eher auf Umwegen gelangt, kann schon zu einem leichteren Rucksack verhelfen. Und wenn man denn einmal selber erlebt hat, wie der Rucksack im Verlauf eines langen Wandertages immer schwerer wurde, kann ein Infragestellen seines Inhaltes die nützliche Konsequenz sein.

Um mit weniger Gepäck unterwegs zu sein, ist es notwendig, eigene Gewohnheiten und Vorlieben zu hinterfragen und nichts als selbstverständlich anzusehen.

  • Man muß nicht immer von einem theoretischen worst-case-scenario ausgehen, wenn man packt.
  • Es ist auch nicht nötig und sinnvoll, die eigene Ausrüstung auf den in ferner Zukunft geplanten Himalayaurlaub hin zu optimieren, wenn man ansonsten aber regelmäßig mehrmals im Jahr in Mittelgebirgen oder in den sommerlichen Alpen unterwegs ist.
  • Schon das Eigengewicht des Rucksacks sollte in die Überlegungen mit einbezogen werden, schließlich gibt es z.B. im 30L-Bereich normale (nicht richtig leichte) Modelle mit gerade mal 1000gr Eigengewicht oder auch solche mit 1700gr.
  • Wer Hardshell, Softshell und Fleece sein eigen nennt, wird kaum alles einpacken, sondern von Fall zu Fall entscheiden, was mitgenommen wird.
  • Die vollständige Garnitur Regenbekleidung kommt nicht als Extra zusätzlich oben drauf, sie ist vielmehr integrierter Bestandteil der gesamten Garderobe.
  • Draußen in der Natur verliert die eigene Eitelkeit sehr schnell an Bedeutung. Auch wenn es eigentlich nicht der Erwähnung bedürfen sollte, Luxusartikel wie Haarfön, Glätteisen und Kosmetika haben im Rucksack nichts zu suchen.
  • Der bei uns mittlerweile übliche übersteigerte Hygienewahn muß nicht unbedingt mit auf Tour gehen. Es geht auch ohne Deo und Solarduschen gehören nicht in den Rucksack dessen, der mitten im Nirgendwo im Zelt übernachten will.
  • Es ist nicht wirklich notwendig, jeden Morgen frische Wäsche zur Verfügung zu haben. Aber man kann moderne Funktionswäsche problemlos abends auswaschen und morgens trocken anziehen. Angesehen davon ist es auch nicht schädlich für die Gesundheit, eine Garnitur Bekleidung mehr als einen Tag am Körper zu haben.
  • Man braucht keine zweite Hose, nur um beim Abendessen in der Gaststätte was anderes zu tragen. Eine einzige, evtl. mit abnehmbaren Beinen, reicht allemal. Wenn Luxus, dann sinnvoll, z.B. das Paar leichte Badeschlappen, um Füßen und Wanderstiefeln Gelegenheit zum auslüften zu geben
  • Spezielle Aufbewahrungstaschen für Artikel der Körperpflege wiegen leer gerne schon mehr, als ich an Inhalt inkl. Verpackung mitnehme (165gr.), ein ultraleichter aber stabiler Nylonbeutel zur Aufbewahrung wiegt dagegen gerade mal 10gr, ein Ziplockbeutel noch weniger.
  • Niemand muss eine Flasche Shampoo, ein Stück Seife und noch ein Waschmittel für die Bekleidung einpacken, dazu noch die große Tube Zahnpasta. Eine kleine Probentube aus dem Drogeriemarkt reicht aus, ein kleines(!) Fläschchen Flüssigseife deckt den Ganzkörperbedarf und die Bekleidungswäsche ab und wer auf Kernseife umsteigt spart auch noch die Umverpackung der Seife.
  • Wenn eine Gruppe zusammen unterwegs ist, spricht man sich ab. Viele Ausrüstungsteile können gemeinsam genutzt werden, das spart erheblich Gewicht.

Light Hiking: ich bin der Ausgangspunkt

Die Frage, „was brauche ich für mich persönlich?“ ist die wichtigste, die man sich stellen sollte, wenn es ans Packen geht, denn egal wohin es geht, jeder hat andere finanzielle Möglichkeiten und körperliche Voraussetzungen.

  • Wer leicht friert, wird immer mehr einpacken müssen, als Andere.
  • Wer über ein begrenztes Budget verfügt, wird eher im Schrank zu Hause wühlen, oder vorhandenes modifizieren, als sich neue, teure Sachen zu kaufen.
  • Der Hobbyphotograph wird immer das eine oder andere Pfund Kameraausrüstung zusätzlich einpacken.
  • Wer gesundheitlich angegriffen ist, wird Medikamente und Hilfsmittel einpacken müssen, über die andere nie nachdenken würden.

Light Hiking: die Packliste

Alles auch Gründe, fremde Packlisten mit Vorsicht zu genießen. Aber als Ausgangspunkt für eigene Bemühungen sind diese immer nützlich.

Zudem entsprechen angegebene Gewichte nicht immer ganz der Realität. Hersteller wiegen ganz gerne mit dem Finger unter der Waage und geben, wenn ein Artikel in verschiedenen Grössen erhältlich ist, auch meist nur das Gewicht einer kleineren Grösse an. Und wer weiß schon, wie gut die Waage des jeweiligen Packlistenerstellers funktioniert? Weiter, welche Konfektionsgröße hat der , der die Packliste schrieb? Ob Medium oder X-Large, das kann, in der Gesamtheit betrachtet, gerne mal einen Unterschied von ein oder zwei Pfund bedeuten.

Light Hiking: das Fazit

Nur wenn man lernt, Komfort neu zu definieren, kann man komfortabel unterwegs sein

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