Keine Membran, keine Beschichtung, keine versiegelten Nähte, kein PFC. Aber trotzdem soll Paramo Directional Nikwax Analogy im Test einen “ hochleistungsfähigen Wetterschutz“ bieten. Wie geht das?

Die Funktionsweise wurde andernorts bereits ausführlich erklärt. Hier und jetzt geht es ausschließlich um die Praxistauglichkeit. Sechs Monate lang wurde die Testjacke getragen, jetzt steht das Ergebnis fest. Leider kein einfaches „ja“ oder „nein“, die Antwort ist schon etwas komplexer.

Paramo Women´s Ventura Jacket
Paramo Men`s Halcon Jacket

Paramo Directional Nikwax Analogy Test: Völlig anders

Die Voraussetzungen sind bei Paramo Directional Nikwax Analogy völlig anders als bei Regenjacken („Hardshell“), wie wir sie kennen. Bei letzteren ist es bzgl. Wasserdichtheit ganz einfach, dicht oder nicht dicht. Das Gewebe hält einer bestimmten Wassersäule stand, es ist dicht. Die Nähte sind versiegelt, die Jacke ist dicht. Die Reißverschlüsse lassen nichts durch, der Träger der Jacke bleibt von außen trocken. Wenn wir jetzt mal die üblichen Schwachstellen dieser Jacken

  • Gebrauchsbedingte kleine Löcher/feine Risse im Stoff,
  • defekte Nahtversiegelungen, z. B. wegen nicht regelmäßig erfolgter Wäsche,
  • Reißverschlüsse, die lt. Hersteller „Wasser abweisend“ sind und deshalb früher oder später lecken können,

außer Acht lassen, haben wir unseren Standard der wasserdichten Jacke. Dazu dann eine mehr oder weniger gute Atmungsaktivität, fertig ist die unentbehrliche Wetterschutzjacke für jede Anwendung.

Von all diesen Gewissheiten muss man sich bei Paramo Directional Nikwax Analogy verabschieden. Die Testjacke hat sich als wetterfest erwiesen, nicht jedoch als im herkömmlichen Sinne wasserdicht. Paramo sagt über jede Jacke „Das … Jacket trotzt mindestens 4 Stunden sehr starken [!], anhaltenden [!] Regen … “ und das trifft auch zu. Nach sechs Monaten exzessiver Nutzung der Testjacke steht dies fest.

Paramo Diretional Nikwax Analogy Test, Neuzustand
Paramo Directional Nikwax Analogy Test, nach sechs Monaten

Paramo Directional Nikwax Analogy Test: das Konzept in der Praxis

Das Konzept mit einem Wasser abweisenden, glatten Stoff außen und einem die eingedrungene Feuchtigkeit wieder zurückdrückenden aufgerauhten Futter funktioniert. Es ist allerdings sehr von der richtigen Pflege abhängig. So alle vier bis sechs Wochen muss die Testjacke gewaschen (Nikwax Tech Wash) und imprägniert (Nikwax TX.Direct Wash-In) werden. Das ist zwingend notwendig, sonst perlt der Regen nicht mehr so gut ab. Wobei der obige Bildvergleich auch extrem ist, keine Imprägnierung ist so gut wie die ab Werk. Das kennt man ja auch von herkömmlichen Hardshell, nichts kann die originale DWR ersetzen.

Aber was wirklich zählt ist, wie es innen aussieht. Wie viel Nässe wandert durch die Stofflagen durch? Wird es innen kalt und klamm? Nun, das Ergebnis hat überrascht und wurde natürlich auch in Bildern festgehalten. Von außen sieht die Jacke nass aus, der Träger darin war trocken und warm. Nach einer dreistündigen Wanderung zeigte die auf links gedrehte Jacke nur an wenigen Stellen einen geringen Wassereinbruch:

  • im ersten Bild rechts an der Armbelüftung,
  • im Kinn-/Brustbereich am Hauptreißverschluss,
  • im zweiten Bild rechts an der Schulter,

Der senkrechte Streifen auf dem Rücken links stammt vom nassen Waldboden, auf den die Jacke gelegt wurde. Der Wassereinbruch an der Schulter, zu sehen als kleiner Fleck im zweiten Bild, geht nahtlos in das an dieser Stelle übliche schweißfeuchte Futter über. Dort liegt die Jacke auch großflächig auf. Für eine Jacke, die so gar nichts mit einer konventionellen Hardshell gemein hat, ist dies ein hervorragendes Ergebnis. Zumal die Pflege auch sehr vernachlässigt wurde. Neun Wochen intensiv tragen und dann erst Waschen/Imprägnieren ist wahrlich nicht das, was Paramo empfiehlt. Häufiges Waschen und Imprägnieren ist essentiell.

(Anmerkung: Um diese Ergebnis richtig einordnen zu können, sei mal ein Vorkommnis mit einer High-End-Hardshell auf einer Rucksacktour im Kungsleden geschildert. Die neuwertige Jacke versagte bei fünfstündigem, leichten Dauerregen ihren Dienst. Durch die Reißverschlüsse kroch die Feuchtigkeit schön langsam und unaufhaltsam nach innen. Der Träger war dann am gesamten Oberkörper bis auf die Haut durchnässt, was bei den herrschenden Bedingungen auch nicht lustig war.)

Paramo Directional  Nikwax Analogy Test, Jacke von innen vorne nach drei Stunden im Regen
Paramo Directional  Nikwax Analogy Test, Jacke von innen hinten nach drei Stunden im Regen

Paramo Directional Nikwax Analogy Test: Der Tragekomfort macht es aus

And Now for Something Completely Different, nämlich dem Tragekomfort. Genau dort wird bei vielen Hardshell vom Träger ja eine gewisse Leidensfähigkeit gefordert. Ganz unten, bei den preisgünstigsten „atmungsaktiven“ Angeboten, haben wir den Tragekomfort von Müllsäcken. In der soliden Mittelklasse, z. B. klassisches Gore-Tex, sieht es schon besser aus. Aber auch dort trägt man die Jacke lieber offen als geschlossen. Richtig gut wird es erst in der Oberklasse: Polartec NeoShell, Gore-Tex Active Shell, Dermizax NX etc. lassen sich tragen, ohne dass man allzu sehr leidet. Aber Paramo Directional Nikwax Analogy schlägt sie alle.

Egal, wie anstrengend der Aufstieg war und wie sehr geschwitzt wurde, die Testjacke trug sich angenehm. Was der Körper produzierte, wurde nach außen abgeführt. Diese Technologie ist ideal für den, der richtig stark schwitzt.

Paramo Directional  Nikwax Analogy Test, Salzränder an den Bündchen

Es gibt aber noch mehr Unterschiede zwischen Paramo Directional Nikwax Analogy und einer „normalen“ Hardshell. Bei letzteren hat man eine gigantische Auswahl unterschiedlichster Stoffe und Ausstattungen. Es gibt sie winterwarm, aber auch minimalistisch und klein verpackbar. Bei Paramo findet man eine Sorte vor, die ist erstens ziemlich warm und zweitens eher schwer und groß im Packmaß. Dies ist nun mal die Konsequenz, die sich aus der Konstruktion ergibt.

Deshalb war auch erst mal eine Phase der Umgewöhnung notwendig. Es galt zu lernen, weniger untendrunter zu tragen. Bei Temperaturen knapp über Null kam der Tester – eine ausgewiesene Frierhutze – mit nur eine Lage mitteldicker Funktionsunterwäsche blendend zurecht. Er war immer angenehm warm und trocken. Diese Balance aus Isolation und Feuchtigkeitstransport ist anderweitig nur bei Rab Vapour-rise vorzufinden und dort gibt es keinen Schutz vor Regen.

Daraus resultiert auch ein Nachteil von Paramo Directional Nikwax Analogy, es ist nicht ganzjahrestauglich. Oberhalb von +10° Celsius ist solch eine Jacke einfach zu warm. Kalt und nass muss es sein, dann fühlt man sich in ihr wohl. Auch für den Grammfeilscher ist das nicht erste Wahl, weil zu schwer und voluminös im Packmaß. Die klassische Kombination aus Hardshell plus Fleece, überlegt ausgewählt, ist universeller nutzbar und belastet weniger.

Paramo Directional Nikwax Analogy Test: das Fazit

All dies will bedacht werden, denn nur dann kann man mit so einer Jacke von Paramo auch glücklich werden. Der Tragekomfort ist unbeschreiblich, da kommt keine Hardshell mit. Ein derart angenehmes Körperklima in einer leisen, weil nicht knisternden oder raschelnden Jacke, das bietet niemand sonst. Der Regenschutz ist in der Praxis zumeist auch mehr als ausreichend, nicht jeder ist immer einen ganzen Tag lang im Regen unterwegs. Mit der Pflege alle vier bis sechs Wochen kann man auch gut leben, eine normale Hardshell verlangt theoretisch übrigens auch danach.

Richtig angenehm wird das Konzept, wenn man eventuelle Reparaturen berücksichtigt. Eine defekte Membranjacke professionell reparieren, das wird richtig teuer. Und ein ganz modern einlaminierter Reißverschluss lässt sich auch nicht so einfach austauschen. Bei Paramo Directional Nikwax Analogy ist all dies kein Problem, mehr als Nadel und Faden braucht es nicht. Bei Löchern zum Beispiel setzt man irgendeinen Flicken drauf, darf nur nicht die Stofflagen zusammennähen. Die Funktion leidet darunter nicht. Alles „low maintenance“, sozusagen.

Kurz gesagt, Paramo Directional Nikwax Analogy ist Klasse. Wenn der Einsatzbereich stimmt und – ganz wichtig – die Pflege nicht vernachlässigt wird. Das alles sollte man sich gut überlegen und eben nur zugreifen, wenn es passt. Dann bekommt man aber auch eine im Tragekomfort unvergleichliche Allroundjacke.

Elf verschiedene Jackenmodelle auf Basis von Paramo Directional Nikwax Analogy bietet Paramo Männern und Frauen an, die Preise beginnen bei € 290,- (UVP). Ergänzend noch je drei verschiedene Hosen. Da ist für jeden etwas dabei.

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Paramo Directional  Nikwax Analogy Test, außen nass
Paramo Directional  Nikwax Analogy Test, innen trocken
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